Das Rheinische Revier ist nicht nur ein Wirtschaftsraum, sondern auch und vor allem ein Lebensraum.:Den Strukturwandel weiter verstehen als ökonomisch und technologisch

Der Umbruch im Rheinischen Revier ist eine Chance, die Region ganzheitlich zu entwickeln. Dafür braucht es allerdings stärker als bisher die Blickwinkel von Frauen. Thema der jüngsten Ausgabe der RevierDialoge
Jeder Mensch hat seine blinden Flecken. Auch jede Organisation und Institution hat sie. Unentdeckt wirkt sich das nachteilig auf die Gestaltung von Projekten und Prozessen aus. Gegen eine solche Einseitigkeit hilft nur, möglichst viele Perspektiven einzuflechten. Das gilt auch für den Strukturwandel im Rheinischen Revier, bei dessen Gestaltung bislang die Blickwinkel von Frauen unterrepräsentiert sind.
Eine gewerkschaftliche Initiative möchte das ändern und sucht gerade Bündnispartner*innen auf diesem Weg. Zum Beispiel bei der jüngsten, der neunten Auflage der RevierDialoge am 29. Januar 2025. Dieses Veranstaltungsformat von Nell-Breuning-Haus und Bistum Aachen stellt selbst eine wachsende Vernetzungsplattform dar. Dort werden Impulse eingespeist, die im Getöse um die Fördermilliarden oft nicht mitgedacht werden.
Diana Hafke vom DGB Projekt Revierwende warb für einen ganzheitlichen Ansatz im Strukturwandel. Denn es geht nicht nur um die Veränderung eines Wirtschaftsraums, sondern um die nachhaltige Entwicklung eines Lebensraums. Und das ist keinesfalls ein Widerspruch, sondern hängt miteinander zusammen. Schließlich gehören die Lebens- und die Freizeitqualität zu den weichen Standortfaktoren einer Region.
Ann-Katrin Steibert vom DGB Region NRW Süd-West schilderte die Schwierigkeit, aussagekräftige Daten von offiziellen Stellen zu erhalten. Im angeregten RevierDialog unter anderem mit Strukturwandel-erfahrenen Frauen aus der Lausitz kamen wertvolle Tipps zur Sprache. Zum Beispiel die Anregung, die Zusammenarbeit mit Hochschulen zu suchen, die eine sozialwissenschaftliche Expertise einbringen können, wie die Katholische Hochschule.
Die ersten Zahlen zeigen, dass die Frauen im Rheinischen Revier ziemlich genau im Bundesdurchschnitt leben und arbeiten. Die bedrückenden Wahrheiten skizzierte Anna Schlütz vom DGB Projekt Revierwende. Frauen tragen ganz offensichtlich die Hauptlast bei der familiären Sorgearbeit, arbeiten häufiger in Teilzeit oder prekären Jobs als Männer. Ökonomische Abhängigkeit und spätere Altersarmut sind nur zwei absehbare Probleme.
Die Frauen vom DGB möchten das ändern und Strategien im Strukturwandel auf eine Verbesserung der Situation entwickeln. Dazu laden sie zu einer Arbeitskonferenz am 1. April 2025 ein. Ziel ist, die Perspektiven aller Menschen in die Transformation der Region einzubringen. Nachhaltige Arbeitsplätze jenseits der klassischen Industriearbeit gehören ebenso dazu wie eine bessere soziale Infrastruktur.
Kein Thema für nebenbei, resümierte Dr. Manfred Körber für die Veranstaltergemeinschaft und räumte ein, dass nach seiner Wahrnehmung auch die zivilgesellschaftlichen Initiativen mit Blick auf die geschlechtergerechte Ausgestaltung des Strukturwandels blinde Flecken aufweisen. Diesen Impuls aus dieser Ausgabe der RevierDialoge möchten die Beteiligten in ihre Vernetzungen tragen, die Analyse dahinter vertiefen und verbreitern.