RevierDialoge #11:Das Leben ist eine Baustelle - und die Region ein Raum für soziale Innovation

Mit dieser Kernthese ging das Bündnis "Revier WIRd" Region in die elfte Auflage seines Impulsformates "RevierDialoge". Zugeschaltet war der Transformationsforscher Simon Senft vom Thünen-Institut für Regionalentwicklung. Anhand zahlreicher Fallbeispiele vor allem aus dem ostdeutschen Raum zeigte er auf, dass die Lage im westdeutschen Revier ähnlich günstige Bedingungen biete, Neues auszuprobieren. Als Nukleus und Inkubator dienen dabei neue, andere Orte, häufig entwickelt rund um brachliegende Gebäude.
Simon Senft schärfte den Blick dafür, dass unser ganzes Leben von ehemaligen und aktuellen sozialen Innovationen durchwoben ist. Zwischen Krankenversicherung, Kindergarten und Karaokeabenden, Urlaubsreisen, neuerdings auch Online-Meetings und Coffee to go, bewegen wir uns ständig in Situationen, Konstellationen, Bedingungen, die irgendwann Menschen erfunden und erprobt haben, um ihren Alltag, ihr Umfeld, ihre Gemeinschaft unter positiven Vorzeichen weiterzuentwickeln. Fast alles hat mal klein angefangen.
Insofern lassen sich die Demokratiewerkstatt Rheinisches Revier, die gewerkschaftliche Initiative Revierwende und das große Netzwerk "Revier WIRd Region" als förderliche und förderungswürdige Ausgangspunkte betrachten, beim Strukturwandel des Rheinischen Reviers auf die gestalterische Kraft sozialer Innovationen zu setzen. Wie rasch engagierte Menschen im Cafe Nr 5 in Berverath eine breite Fülle von Begegnungs-, Kultur- und Mitmachangeboten entfaltet haben, ist ein Fingerzeig auf das hohe Potenzial der Zivilgesellschaft.
Bürgerschaftliches Engagement in dieser Form zu fördern, liegt im Interesse der Regionalentwicklung. Soziale Innovationen stärken die Lebensqualität in einer Region, betonte Simon Senft. Der Transformationsforscher zeigte zudem auf, dass im Zuge neuer Orte und Formate auch neue Verständigungen in verhärteteten Konflikten möglich werden. Mit Mitteln von Kunst, Musik und Theater lassen sich zum Beispiel Brückenschläge zwischen Positionen gestalten, über die viele Jahre lang gestritten wurde, ohne einander richtig zuzuhören.
Gründe genug für die Akteure im Netzwerk "Revier WIRd Region", am Ball zu bleiben beim Zukunftsfonds, den die Zukunftsagentur Rheinisches Revier schon seit längerem in Aussicht gestellt hat. Genau dieses Instrument braucht es, um gute Ideen engagierter Personen nicht an vergleichsweise kleinen Geldsummen scheitern zu lassen. Simon Senft machte Mut, sich nicht an denen abzuarbeiten, die nicht mitziehen, sondern mit Menschen guten Willens einfach einmal anzufangen und zu schauen, was geht und wird.
Es muss nicht bereits am Anfang klar sein, worauf das Ganze am Ende hinausläuft. Wichtig ist die Mischung von Menschen, mit jeweils eigenen Stärken, Ressourcen, Kontakten. Simon Senft hat die Erfahrung gemacht, dass sich häufig im kreativen und pragmatischen Miteinander ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Es ist gut, viel Zeit in eine positive Gruppendynamik zu investieren, diese stärkt die Basis für die produktiven und die problematischen Phasen der Zusammenarbeit. Soziale Innovationen sind ein Marathon, kein Sprint.