Workshop:"Business as usual" vertragen weder das Klima noch die Demokratie
Dort über Demokratie zu diskutieren, wo noch vor Jahren kleine Kinder ihre Energie auslebten, in einem Dorf, das eine neue Bestimmung sucht, nachdem sein Ende abgewendet wurde: Das hat starke Symbolkraft. Denn wenn es gut läuft mit der Suche nach neuen Perspektiven für die Region, läuft es demokratisch. Und im Moment läuft es aber nicht gut und es braucht dringend einen neuen Anlauf, Bürgerbeteiligung im Strukturwandel fest zu verankern.
So das Fazit einer Veranstaltung am 21. Juni in der ehemaligen KiTa in Morschenich-Alt, zu der die Demokratiewerkstatt Rheinisches Revier eingeladen hatte. Ratlos betrachteten die Teilnehmenden die fast demonstrative Ignoranz, mit der eine Mehrheit der politischen Mandatsträger:innen den Bürger:innen begegne. Jenseits Schaufensterveranstaltungen sei bislang wenig unternommen worden, um Anliegen, Blickwinkel und Tatkraft der Bevölkerung beim Strukturwandel systematisch und nachhaltig einzubeziehen.
Stattdessen ziehe man ungerührt sein Ding durch, an der Seite mächtiger Lobbygruppen. Was dabei unterschätzt werde, sei die zerstörerische Kraft dieses Verhaltens. Viele Menschen machten gerade politische Erfahrungen, die ihnen sagen: Das hier ist alles andere als gelebte Demokratie. Und das wiederum entfremdet, ernüchtert, polarisiert. Die Erfahrung teilen hoch Engagierte aus der Zivilgesellschaft, die mit ähnlicher abgebrühter Kühle bei ihren Projekten abserviert werden, um stattdessen zum Beispiel teure Sportstättenförderung durchzusetzen.
Runde Tische als neues, altes Instrument von Bürgerbeteiligung?
Was tun? Läuft die Uhr der Demokratie ab, wenn die Klimakrise nicht eingebremst wird, sondern die Politik ganz offensichtlich Business as usual betreibt? Angeregt durch entsprechende Thesen des Journalisten Jonas Schaible, der das Buch "Demokratie im Feuer" vorgelegt hat, diskutierte die Runde in Morschenich-Alt das richtige Verhältnis zwischen Freiheit und Verantwortung, zwischen Vorgaben und Selbstorganisation, zwischen staatlichem und zivilgesellschaftlichem Handeln, um die Herausforderung der Menschheit durch die Erderhitzung zu bewältigen.
Menschen, die etwas vor Ort, in der Region, tun wollen, dürften nicht länger ausgebremst werden, lautete eine Botschaft des Abends in Morschenich-Alt. Neuen Schwung, um die sozialen Bewegungen zu vernetzen, soll auch die Temporäre Universität geben, in deren Rahmen die Demokratiewerkstatt eingeladen hatte. Bürgerfonds und Bürgerräte sind bereits im politischen Gespräch. Aber die Idee, wie in früheren Krisensituationen Runde Tische einzurichten, könnte ein weiterer Impuls sein, um den Strukturwandel vor Ort greifbar und demokratisch gestaltbar zu machen.
Die Demokratiewerkstatt ist ein gemeinsames Vorhaben von Nell-Breuning-Haus und Landeszentrale für Politische Bildung, um partizipative Projekte beim regionalen Strukturwandel zu unterstützen.