Zehnte Ausgabe der RevierDialoge:Ein Großexperiment ohne Blaupause - mit unabsehbaren Folgen für unseren Wasserhaushalt

Prominenter Gast dieses Gesprächsformats war diesmal in Düren Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW. Er wünschte sich mehr Ehrlichkeit in der Diskussion um die Folgen des Braunkohleabbaus, seitens Politik und RWE. Zu den Fakten gehört zum Beispiel, dass die europäisch geschützten Feuchtgebiete rund um Schwalm, Nette und Niers ohne maschinelle Maßnahmen trockenfallen würden. Der Kohleausstieg ändert an dieser Tatsache gar nichts, auf Jahrzehnte hin, vielleicht sogar auf Jahrhunderte.
Die Sümpfungstrichter, bei denen Grundwasser durch Pumpen bewegt und aufgefüllt wird, erfassen etwa ein Zehntel der Fläche von Nordrhein-Westfalen. Die Auswirkungen auf Wasserversorgung und Bodenstabilität reichen bis ins niederländische Staatsgebiet. Die industrielle Gewinnung von Braunkohle hat eine industrielle Wasserzirkulation in Gang gebracht, die in den nächsten Jahrzehnten mit Zufuhren aus Rur und Rhein am Leben gehalten werden muss. Die Dimensionen dieser Lösungen sind erheblich, skizzierte Dirk Jansen.
Der Geschäftsleiter von BUND NRW verhehlte nicht, dass es ihm unter ökologischen Gesichtspunkten am liebsten wäre, wenn man die Natur selbst machen lasse. Stattdessen wage man ein Großexperiment ohne Blaupause - solche Seen wie Hambach und Garzweiler gebe es bislang nicht. Große Risiken sieht er in einem ungefilterten Zufluss von Rheinwasser mit industriellen chemischen Partikeln und in sulfatreichen Bodenbestandteilen im Revier selbst. RWE müsse verpflichtet werden, das Wasser zu filtern.
Zur Ehrlichkeit, die Dirk Jansen in der Diskussion vermisst, gehört auch die lange Zwischenzeit bis zur Verwirklichung der Seewette. Sicherheitsaspekte könnten zum Beispiel mit Blick auf die Stabilität der Böschung dazu führen, dass die entstehende Erholungsfläche kaum oder gar nicht betretbar sein wird. Viele ungedeckte Schecks - auch im wörtlichen Sinne: Die Zeit drängt, den Bergbautreibenden in relevantem Maße an den Ewigkeitskosten seines Geschäftsmodells zu beteiligen, so wie es im Ruhrgebiet mit einer Stiftung gelang.
Die Zivilgesellschaft kann die Bemühungen um nachhaltige Lösungen und faire Kostenteilung nur beharrlich auf die Tagesordnung setzen. Politische Akteure und Zweckverbände sind bislang nicht der Treiber eines neuen Umgangs mit den Folgen des Braunkohleabbaus. Sie verlassen sich auf die Wirkung der mächtigen Bilder von einer neuen schönen Welt. Dass die meisten Menschen tot sein werden, bevor davon etwas in Ansätzen zu sehen sein wird, gehört zu den wenig ausgeleuchteten Wahrheiten.
